Mit der Verantwortung ist das ja so eine Sache. Viele verlangen sie von anderen (zum Beispiel von dem*der Politiker*in, der ein „Fehlverhalten“ an den Tag gelegt haben), aber niemand möchte sie wirklich selbst tragen.
In unserem Resilienztraining ist daher das Thema “Verantwortung übernehmen“ eine wichtige Säule. Sie ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil der Resilienz, sondern auch meine ganz persönliche Resilienz-Superkraft.
Inhalt:
Was ist Verantwortung?
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Verantwortung und Opferrolle?
Wie kann ich Verantwortung übernehmen?
Welche Konsequenzen können sich aus der Verantwortungsübernahme ergeben?
Was habe ich persönlich von der Verantwortungsübernahme?
Was ist Verantwortung?
Wikipedia schreibt dazu: “Verantwortung ist vorrangig die Fähigkeit, das eigene Können und die möglichen Folgen von Entscheidungen einzuschätzen und so zu handeln, dass die erwarteten Ziele mit größter Wahrscheinlichkeit erreicht werden.”
Verantwortungsübernahme bringt uns dazu, aktiv zu werden und unser Leben aktiv zu gestalten.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Verantwortung und Opferrolle?
Oft begeben wir Menschen uns freiwillig in eine Haltung, in der wir “geschehen lassen”, ohne selbst das Handeln zu bestimmen. Es ist ja so auch viel bequemer: einen anderen Menschen dafür verantwortlich zu machen, der dafür gesorgt hat, dass wir nicht da sind, wo unser Traum uns hingeführt hätte.
Damit unsere Träume wahr werden können, ist es jedoch notwendig, dass wir selbst handeln. Handeln kann ich jedoch nur, wenn ich dafür auch meinen Teil der Verantwortung übernehme und mein Leben aktiv selbst gestalte.
Bereits an diesem kurzem Absatz ist zu erkennen, dass Verantwortungsübernahme nicht ohne das Verlassen der Opferrolle funktioniert. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass “Eigenverantwortung” gepaart mit “Opferrolle verlassen” (Rollenklarheit) nach “Akzeptanz” einer der wichtigsten Resilienzfaktoren ist. Ohne diese beiden Faktoren können die anderen Schritte nicht angegangen werden, weil ich nicht aktiv meine Handlungsoptionen nutze.
Ich selbst habe lange meine Mutter dafür verantwortlich gemacht, dass ich so bin wie ich bin. Es war viel bequemer. Erst 2022 habe ich mir Hilfe gesucht (Resilienzfaktor „Netzwerkorientierung“), um einige meiner Verhaltensweisen zu verändern und auch einige Dinge aufzuarbeiten. Jetzt fühle ich mich wesentlich freier.
Wie kann ich Verantwortung übernehmen?
An dieser Stelle sind wir bereits bei des Pudels Kern, wenn wir “Verantwortung übernehmen” im Rahmen des Resilienz-Trainings betrachten.
Verantwortung übernehmen bedeutet hier tatsächlich Verantwortung für mein eigenes Handeln, Nicht-Handeln und meine Gefühle zu übernehmen. Genau hiervor scheuen jedoch viele zurück.
Verantwortung zu übernehmen kann auch schon im Kleinen beginnen. In unserem Resilienztraining zum Beispiel versuchen wir zu erkunden, was Worte wie „müssen“ in uns an Gefühlen hervorrufen. Die Teilnehmenden stellen oft fest, dass “ich muss“ Druck erzeugt. Manchmal gesellen sich auch Gefühle der Ohnmacht oder des Getriebenseins dazu.
Der Zusammenhang zwischen den Worten, die wir wählen – egal ob ausgesprochen oder in Gedanken – und den Gefühlen, die diese Worte auslösen, wird so plastisch erleb- und erfahrbar. Darauf zu achten, welche Worte wir wählen ist nur eine kleine Stellschraube von vielen, mit der wir Einfluss auf unsere Gefühle ausüben und gleichzeitig etwas für unsere Resilienz tun können.
In einer Situation, in der auch ich wenig Verantwortung für mein Handeln übernommen hatte, kam mir das folgende Zitat von Franz von Assisi in die Hände:
Herr, gib mir die Kraft Dinge zu ändern, die ich ändern kann.
Gib mir die Gelassenheit Dinge anzunehmen, die ich nicht ändern kann.
Und gib mir die Weisheit das Eine von dem Anderen zu unterscheiden.Dieses Zitat hat mich lange Zeit begleitet. “Gib mir die Kraft Dinge zu ändern.” – dies ist auch eine Aufforderung zum Handeln: Übernimm die Verantwortung und ändere, was Du ändern kannst.
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Welche Konsequenzen können sich aus der Verantwortungsübernahme ergeben?
Die Verantwortung zu übernehmen kann ganz unterschiedliche Konsequenzen haben. Plötzlich achten wir zum Beispiel viel mehr darauf, welche Worte wir verwenden. Einige Dinge, die wir bislang ohne zu hinterfragen erledigt haben, beleuchten wir etwas genauer und geben sie eventuell auch auf. Einfach weil wir feststellen, dass sie nicht mehr zu mir gehört.
Im Zuge der Verantwortungsübernahme für mein eigenes Handeln habe ich auch einige Tätigkeiten hinterfragt und wenn nötig abgelegt. Ich habe beispielsweise einen Teil meiner Arbeit als Mit-Organisator für Depressionsgespräche niedergelegt. Es hat sich für mich als einziger Betroffener in der Runde und damit Ansprechpartner über die Sicht desjenigen, der Depressionen erlebt hat nicht mehr gut angefühlt. Durch Loslösen von dieser Aufgabe habe ich Verantwortung für mich übernommen und bin jetzt wieder freier meine Erfahrungen einzubringen, ohne das Gefühl “ich muss”.
Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen bietet uns Freiheit, wir verharren nicht als Opfer der Umstände oder dem Tun und Nicht-Tun Anderer. Wir sind aktiv und übernehmen für unser Handeln, Nicht-Handeln und unsere Gefühle die Verantwortung. Dies lässt sich trainieren – am Besten an alltäglichen, kleinen Situationen.
Was habe ich persönlich von der Verantwortungsübernahme?
Durch die Konzentration auf mich selbst verändert sich mein Blick. Plötzlich rücken Worte oder Taten anderer Menschen in den Hintergrund, denn ich fokussiere mich auf mein eigenes Handeln und Reden.
Bei mir persönlich hat sich die Sprache verändert. Ich versuche auch mit meinen Worten meine Empathie auszudrücken und meinem Gegenüber eine Stütze und ein Begleiter zu sein. Ich beschäftige mich zum Beispiel mit der gewaltfreien Kommunikation (GfK nach M. Rosenberg) und lerne bei mir zu bleiben.
(Daran können wir sehen, dass manche voneinander unabhängige Dinge doch einen Zusammenhang haben können.)
Bildquelle Titelbild: GregMontani / pixabay
Bernd Andreas Czarnitzki ist Genesungsbegleiter, Resilienztrainer und Dozent.