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Resilienz-ABC: Hochsensibilität

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Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal, welches sich durch eine verstärkte Wahrnehmung umweltbezogener Details sowie eine intensivere Verarbeitung von Sinnesreizen auszeichnet.

Wie wird Hochsensibilität definiert?

Das US-Psychologenpaar Elaine N. Aron und Arthur Aron beschreiben 1997 im Journal of Personality and Social Psychology erstmals die «highly sensitive person» (Abkürzung HSP). Im deutschsprachigen Raum hat sich dafür der Begriff der «Hochsensibilität» durchgesetzt. Die Forschung rückt durch neueste Untersuchungen jedoch immer mehr von diesem Begriff ab. Denn es geht nicht nur um Emotionen oder eine sensible Reaktion. In der aktuellen Forschung wird daher anstatt von Hochsensibilität auch von erhöhter Neurosensitivität gesprochen.

Sensibilität ist eine grundlegende menschliche Eigenschaft, die die Fähigkeit beschreibt, Informationen über die Umwelt wahrzunehmen und zu verarbeiten. Der Grad der Ausprägung unterscheidet sich jedoch von Mensch zu Mensch: Erhöhte Neurosensitivität bzw. Hochsensibilität ist somit die erhöhte Fähigkeit, Reize zu registrieren und zu verarbeiten.

Oder anders ausgedrückt: Hochsensible Menschen haben ein offeneres Filtersystem für sowohl äußere als auch innere Reize – von Sinneseindrücken bis zu den eigenen Gedanken. Und damit eine höhere Reaktivität sowohl auf negative als auch positive Umwelteinflüsse.

Welche Aspekte der Hochsensibilität gibt es?

Hochsensibilität ist ein fundamentales Persönlichkeitsmerkmal bzw. eine Wahrnehmungsfähigkeit, welche auf der Sensitivität des zentralen Nervensystems basiert und sowohl positive als auch negative Aspekte mit sich bringen kann. In der Forschung werden insgesamt 4 Aspekte unterschieden.

  • Erhöhtes Bewusstsein
  • Erhöhte Empathie
  • Tiefere & differenzierte Informations- bzw. Reizverarbeitung

Die erhöhte Wahrnehmung und damit tiefere Verarbeitung von Reizen können aber auch negative Aspekte mit sich bringen:

  • Erhöhte Anfälligkeit für Überstimulation und damit eine erhöhte Stressanfälligkeit

Welche unterschiedlichen Sensitivitätstypen gibt es?

Angesichts der Tatsache, dass Sensibilität eine grundlegende menschliche Eigenschaft ist, ist jeder Mensch sensibel. Der Grad der Ausprägung unterscheidet sich jedoch von Mensch zu Mensch. Unterschiede in der Sensibilität sind zu etwa 50% genetisch bedingt, während die anderen 50% auf die Art und Qualität unserer Erziehung und Umwelt zurück zu führen sind. Prof. Michael Pluess forscht seit über 10 Jahren an der Queen Mary Universität London zum Thema Sensitivität bei Erwachsenen und Kindern. Laut Pluess werden vier Sensitivitätstypen unterschieden:

Geringe Sensitivität:

Wenn kaum oder keine Sensitivitätsgene vorhanden sind, entwickelt sich eine geringe Sensitivität.

Bei Vorhandensein von Sensitivitätsgenen bestimmt die frühe Kindheitsumgebung, welche der folgenden drei Sensitivitätstypen sich entwickeln:

Generelle Sensitivität:

Erhöhte Empfänglichkeit für sowohl negative als auch positive Einflüsse. Sie entsteht als Reaktion auf eine neutrale Kindheitsumgebung, die weder besonders fördernd noch überfordernd ist. Die Vor- und Nachteile von Hochsensibilität sind weitgehend ausgeglichen.

Vulnerable Sensitivität:

Entwickelt sich aufgrund einer überwiegend nachteiligen Umgebung. Hier besteht eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Bedrohungen, während positive Reize eher schwach wahrgenommen werden. Dies entspricht weitgehend dem Konzept der Hochsensibilität, das im deutschsprachigen Raum weit verbreitet ist und die Schattenseite der erhöhten Neurosensitivität darstellt.

Vantage Sensitivität:

Entsteht in einer überwiegend unterstützenden Kindheitsumgebung. Der Begriff „Vantage“ stammt vom englischen Wort „Advantage“ (Vorteil), was auf vorteilhafte Sensitivität hinweist. Die positiven Aspekte (z. B. gesteigertes Bewusstsein, Empathie und Kreativität) überwiegen die negativen Aspekte (z. B. erhöhte Anfälligkeit für Überstimulation).

Ist Hochsensibilität eine psychische Störung?

Aktuelle Studien zeigen, dass Hochsensibilität auf neurologischer Ebene eindeutig von psychischen Störungen wie Schizophrenie, Autismus oder posttraumatischer Belastungsstörung abweicht. Ein gesunder hochsensibler Mensch nimmt zwar viele Reize wahr und diese wirken lange nach, aber im Gegensatz zu den genannten pathologischen Zuständen ist eine hochsensible Person in der Lage, sich zu regulieren, die Reize zu verarbeiten und zu integrieren. Dies verdeutlicht die Bedeutung für hochsensible Menschen, achtsam ihre eigenen Kapazitäten im Auge zu behalten und sich auf ihre Ressourcen zu konzentrieren. Denn eine große Menge an langanhaltenden Reizen erfordert ausreichend Zeit zur Verarbeitung.

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