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Hoffnung auf ein gutes Leben – trotz Trauma!

Vor langer Zeit hat mein Hausarzt endlich erkannt, dass meine Symptome wie depressive Phasen und massive Angstzustände verbunden mit dem Gefühl verrückt zu werden, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllen. Das war der Beginn eines langen, aber geglückten Heilungsweges!

Hoffnung auf ein gutes Leben – trotz Trauma!
Mit der richtigen Diagnose, einer geeigneten Therapie, und natürlich auch mit Mut, Kraft und Durchhaltevermögen gibt es ein gutes Leben nach dem Trauma!

Daher ist es heute für mich eine Herzensangelegenheit, über Trauma aufzuklären und, vor allen Dingen, Hoffnung zu geben. Denn mit der richtigen Diagnose, einer geeigneten Traumatherapie, und natürlich auch mit Mut, Kraft und Durchhaltevermögen gibt es ein gutes Leben danach!

Themen in diesem Artikel:
Was ist ein Trauma?
Wodurch können Traumata hervorgerufen werden?
Welche Symptome können nach einem Trauma auftreten?
Wie kann ich eine betroffene Person unterstützen?
Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?
Wie wird ein Trauma behandelt?

Vor dem Lesen möchte ich Dich zu einer kleinen Achtsamkeitsübung1 einladen:

Es geht um die Frage, welches jetzt Dein größter Außenkontakt ist:

  • Was siehst Du, wenn Du geradeaus schaust?
  • Was hörst Du jetzt gerade?
  • Gibt es in Deiner Umgebung einen Geruch oder Geschmack?
  • Wo genau spürst Du den stärksten Kontakt Deines Körpers zum Außen? Wie gut spürst Du den
  • Boden unter Deinen Füßen? Wie stark bemerkst Du den Kontakt zu Deinem Stuhl oder Tisch?

Bitte mache diese Übung gerne während des Lesens noch zweimal, um wirklich im Hier und Jetzt zu bleiben! Solltest Du merken, dass Du abdriftest und die Übung Dir nicht hilft, höre auf zu lesen – Du kannst ja jederzeit weitermachen – und tue etwas, was Dir jetzt wirklich gut tut!

Steigen wir jetzt also in unser Thema ein:

Waage Zitat Luise ReddemannBereits seit Jahrzehnten begleitet mich dieses Zitat von Dr. med. Luise Reddemann2, Nervenärztin, Psychoanalytikerin und Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin. Seit gut 50 Jahren beschäftigt sie sich intensiv mit Trauma und Traumafolgestörungen.

Und ebenso lange beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage:

Was ist ein Trauma?

Der Begriff Trauma (Mehrzahl Traumata oder Traumen) stammt aus dem Griechischen und bedeutet Wunde. In der Medizin spricht man von einem Trauma als Auswirkung einer Verletzung, z.B. durch einen Unfall oder einen Schlag.
In der Psychologie spricht man von einem Psychotrauma, d.h. von einer seelischen Verletzung, wenn verschiedene Faktoren zusammenkommen:

  • Das Geschehen muss subjektiv als lebensgefährlich erlebt werden,
  • es müssen massive Angst, Ohnmacht oder Hilflosigkeit ausgelöst werden, (ALH Studienbrief „Grundlagen der Psychotraumatologie“ Seite 22).
  • Da das Gehirn sich während des Geschehens aufgrund des hohen Erregungsniveaus in einem „Notfallmodus“ befunden hat, gelingt die Weiterverarbeitung im Gehirn nicht. Das Erlebte wird quasi in einzelne Puzzleteile zerlegt und diese einzeln gespeichert.
  • Auch, wenn die Situation vorbei ist und die Person wieder in Sicherheit kommt und auch das Gehirn wieder zur Ruhe kommen kann, reichen die vorhandenen Ressourcen nicht aus, um das Erlebte zu verarbeiten.

Es geht also ausschließlich um das eigene Erleben! Ein Außenstehender muss die Situation nicht ebenfalls als lebensbedrohlich empfinden oder empfunden haben! Deshalb sind Anmerkungen wie z.B.: „Ach, so schlimm war das doch gar nicht, andere haben viel Schlimmeres erlebt!“ nicht angebracht und eher verletzend.

Ich kenne tatsächlich viele traumatisierte Menschen, die in Gedanken so mit sich selbst reden. Dabei geht es darum, auch mit sich selbst so liebevoll umzugehen, wie mit einem guten Freund! Dieses sogenannte Selbstmitgefühl ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Resilienztrainings RASMUS und RAMSES!

Menschen unterscheiden häufig ihr Leben in „vor dem Trauma“ und „nachher“, weil es sich anfühlt, als würde durch einen einzigen kurzen Moment das ganze Leben auf auf den Kopf gestellt und verändert.

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Wodurch können Traumata hervorgerufen werden?

Traumatisierende Lebensereignisse können zum Beispiel sein:

  • Erfahrungen von erheblicher psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt,
  • schwere Unfälle,
  • schwere Erkrankungen,
  • Naturkatastrophen,
  • der Tod eines nahen Angehörigen.

Welche Symptome können nach einem Trauma auftreten?

Bereits während oder direkt nach einem schwierigen Lebensereignis können beispielsweise folgende Symptome auftreten:

  • die Person fühlt sich wie betäubt, erlebt die Situation als unwirklich, oder „wie von außen“ bzw. es werden nur einige Bruchstücke wahrgenommen, oder das Geschehen wird ganz ausgeblendet,
  • vegetative Symptome wie Herzrasen, Schwitzen, Schweißausbrüche, Übelkeit,
  • Gereiztheit oder Aggressivität, aber auch Betäubung der Gefühle wie Freude, die nicht oder mit sehr geringer Intensität wahrgenommen werden,
  • Konzentrationsstörungen,
  • Orte, Personen oder Situationen, die an das Erlebte erinnern, werden vermieden (Vermeidungsverhalten),
  • die Person steht unter extremer Anspannung und erschreckt sich extrem schnell,
  • Angst, Entsetzen, Verzweiflung, Traurigkeit.

Hier spricht man dann von einer „akuten Belastungsreaktion“. Diese Symptome klingen häufig innerhalb der nächsten Tage oder Wochen wieder ab – z.B., wenn die Person erlebt, dass sie wieder in Sicherheit ist, dass sie Glück im Unglück hatte und ihr nichts weiter geschehen ist.

Wie kann ich eine betroffene Person unterstützen?

Wichtig ist, dass evtl. auftretendes Zittern oder Weinen zugelassen werden, und es so zu einer Abreaktion kommen kann. Als Außenstehende*r oder Angehörige*r kann ich diesen Prozess unterstützen. Es kann hilfreich sein, dass ich z.B. „einfach“ da bin, bestätige, dass diese Reaktion eine ganz normale Reaktion auf ein außergewöhnliches Ereignis ist.

Die Person sollte dabei unterstützt werden, im „Hier und Jetzt“ zu bleiben. Es kann hilfreich sein, mit der Person gemeinsam tief in den Bauch zu atmen, sich beschreiben zu lassen, was sie gerade sieht oder hört. Man kann auch Körperkontakt anbieten – aber grundsätzlich vorher absprechen, ob das für den oder die Betroffene*n in Ordnung ist.

Sofern die akuten Symptome innerhalb von 4 Wochen nicht nachlassen, kann die akute Belastungsstörung in die Traumafolgestörung „Posttraumatische Belastungsstörung“ übergehen. Es gibt verschiedene Traumafolgestörungen, wie z.b. auch die komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Darauf möchte ich an dieser Stelle auf Grund der Komplexität allerdings nicht weiter eingehen.

Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?

Folgende Beschwerden sind typisch für eine posttraumatische Belastungsstörung:

Wiedererleben (Intrusionen)
Durch sogenannte „Trigger“ (Auslösereize, die an das Erlebte erinnern) kann es sein, dass das Trauma wieder erlebt wird und sich anfühlt, als würde es jetzt in diesem Moment geschehen. Außerdem geschieht das Wiedererleben oft durch Alpträume.

Der Tod meiner Mutter hat sehr viele Erinnerungen an erlittene Traumata (die vorher bereits gut verarbeitet waren) hochploppen lassen. Fünf Wochen später lag ich mit einem Bandscheibenvorfall im Krankenhaus. Ich erinnere mich daran, dass ich drei Nächte lang im Sitzen versucht habe nicht einzuschlafen, aus Angst vor den wieder aufgetauchten Alpträumen.

Vermeidung
Die Personen versuchen alles zu vermeiden, was sie an das Geschehene erinnern könnte. Eine nachvollziehbare Reaktion, die allerdings im Alltag sehr einengend werden kann.

Nachdem ich mit ca. 12 Jahren eine unschöne Begegnung in einem Park hatte, habe ich diesen Park nur noch genutzt, wenn auch viele andere Menschen dort waren. Allerdings nie mehr alleine. Auch die Kleidung, die ich an dem Tag getragen habe, habe ich nie wieder angezogen.

Hyperarousal
Der Begriff „Hyperarousal“ kommt aus dem Englischen, hierunter versteht man den „Zustand eines anhaltenden erhöhten Aktivierungsniveaus (Arousal) des Zentralen Nervensystems, auch als Übererregung bezeichnet. Hyperarousal äußert sich in vermehrter Anspannung mit Unruhe, Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit, aggressivem Verhalten (…), Konzentrationsstörungen, übermäßiger Wachsamkeit, gesteigerter Schreckhaftigkeit und psychosomatischen Symptomen.“3.

Mehrfach ist es mir passiert, dass ich mich bei Hundespaziergängen am Wald entlang unheimlich erschreckt und laut aufgeschrien habe, weil ein Jogger (ein Bekannter aus dem Ort) da heraus gejoggt kam. Mein Nervensystem hat reagiert, in dem es mir „Alarm“ signalisiert hat, bevor ich überhaupt nachdenken konnte.

Beeinträchtigung der Stimmung
Betroffene berichten davon, dass sie Freude, Trauer oder andere Gefühle nicht mehr richtig wahrnehmen können. Sie fühlen sich emotional taub. Auch kann es dazu kommen, dass man anderen Menschen mit Desinteresse begegnet und das Interesse an Aktivitäten, die vorher Freude bereitet haben, verliert. Damit einhergehen kann ebenfalls sozialer Rückzug, Ängste und Depressivität.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich wusste, dass ich viel Gutes in meinem Leben hatte – ich konnte es aber nicht fühlen.

Wie wird ein Trauma behandelt?

Die erste Wahl bei der Behandlung eines Traumas ist die Psychotherapie bei erfahrenen Traumatherapeut*innen. Hier lernt der*die Betroffene, sich mit dem Geschehen in einem geschützten, sicheren Rahmen auseinandersetzen.

Dabei ist es wichtig, dass die Beziehung von Vertrauen getragen ist und dass der/die Patient*in möglichst viel Kontrolle über das eigene Leben zurückerlangt, da Kontrollverlust ein wesentlicher Punkt während eines Traumas war.

Warum ich nicht darüber rede, was ich im Einzelnen erlebt habe?

Mir persönlich tut es nicht gut, immer wieder über das Erlebte zu sprechen oder die Reaktionen in den Augen meines Gegenübers zu sehen. Sofern ein Trauma noch nicht verarbeitet ist, kann es alleine durch das Erzählen zu Retraumatisierungen kommen. Außerdem kann es bei einem in diesen Dingen nicht geschulten Zuhörer zu einer Sekundärtraumatisierung kommen. D.h. mein Gegenüber kann die für eine PTBS typischen Symptome entwickeln. Und das möchte ich auf keinen Fall riskieren!

1 angelehnt an eine Aufgabe aus dem ALH Studienbrief Grundlagen der Psychotraumatologie, Seite 2
2 https://www.klett-cotta.de/autor/Luise_Reddemann/419
3 Pschyrembel Online https://www.pschyrembel.de/

Bildquellen: Titelbild: Fotorech/Pixabay, Zitate erstellt mit Canva

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