Unser Recovery-Kurs RAMSES unterstützt Menschen, die eine psychische Krise überstanden haben oder sich auf dem Weg dahin befinden. Er ist auch ein Überbrückungsangebot, zum Beispiel während der Wartezeit auf einen ambulanten Therapieplatz nach einem Klinikaufenthalt. In diesem Blog Artikel teilt Anna Robrecht ihre persönlichen Erfahrungen mit unserem Angebot und spricht darüber, was sich durch ihre Teilnahme in ihrem Alltag verändert hat. Unter anderem stellt sie euch drei Übungen vor, die ihr langfristig geholfen haben.
von Gastautorin Anna Robrecht
Der Begriff „Resilienz“ begegnet mir schon seit vielen Jahren. Was er wirklich bedeutet, lernte ich jedoch erst, als ich mich in einer psychischen Krise befand. Alles war plötzlich zu viel – und die Wartezeit auf einen Therapieplatz definitiv zu lang.
Ohne es zu merken, geriet ich mehr und mehr in eine selbstgewählte Opferrolle. Ein Zustand, der sich erst änderte, als ich an dem Recovery-Kurs RAMSES vom ERNA Resilienz-Netzwerk teilnahm. Anfangs war ich skeptisch – konnte ein Online-Kurs mir tatsächlich helfen? Heute kann ich sagen:
Es war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Wie bin ich zum Recovery-Kurs RAMSES gekommen?
Während meines Studiums entwickelte ich eine Angststörung, auf die eine Depression und eine posttraumatische Belastungsstörung folgten. Ich zog mich immer mehr zurück und sah mich selbst meiner Umstände machtlos ausgeliefert.
Ein normales Leben? Kaum vorstellbar. Statt mit den Kommiliton*innen beim Kneipenquiz zu sitzen, las ich viel über ewig lange Wartezeiten bei der Therapieplatzsuche. Dadurch stieß ich durch Zufall auf das ERNA Resilienz-Netzwerk (damals noch „die erfahrungsexpert*innen“). Besonders das Konzept des Recovery-Kurs RAMSES weckte meine Neugierde.
Was passiert im Recovery-Kurs RAMSES?
Nachdem ich mich auf der Webseite informiert hatte, meldete ich mich an. Zu Beginn gab es ein Vorgespräch, in dem ich meine aktuelle Situation kurz schilderte und den Ablauf der Kurseinheiten kennenlernte. Die Sitzungen fanden jeden Montagabend online statt und erstreckten sich über etwa zehn Wochen. Dabei saßen wir meist in gemütlicher Kleidung mit einem warmen Tee vor der Webcam, woraus schnell ein angenehmes Ritual wurde.
Dass der Kurs online stattfand, war für mich persönlich nicht schlimm oder befremdlich. Im Gegenteil: Aufgrund meiner Panikattacken konnte ich kaum meine Wohnung verlassen und fand es gut, einfach von Zuhause – von meinem „Safe Space“ aus – teilnehmen zu können. So hatten wir alle die Möglichkeit, uns in einer geschützten Umgebung kennenzulernen und auszutauschen. Der Kurs basiert auf den sieben Säulen der Resilienz: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung,Rollenklarheit, Netzwerkorientierung, Zukunftsplanung und Eigenverantwortung. Zwei davon waren für mich persönlich wahre Gamechanger!
Das A und O: Was hat mir geholfen?
Ganz klar: Akzeptanz und das Verlassen der Opferrolle (Rollenklarheit). Jede Woche stand ein anderes Thema der 7 Säulen der Resilienz auf der Agenda und diese beiden haben bei mir direkt ins Schwarze getroffen. Ich war schon lange der Überzeugung, ich hätte meine aktuelle Situation akzeptiert.
Doch letzten Endes musste ich mir eingestehen, dass ich in Selbstmitleid versank und mir stets die Opferrolle zuschrieb. Im Kurs erkannte ich eine neue Sichtweise: Akzeptanz bedeutet nicht, aufzugeben, sondern anzuerkennen, was ist, um von dort aus weiterzugehen. Diese Erkenntnis war bahnbrechend für mich.
So begann ich, nach Wegen zu suchen, meine Situation zu verbessern und mich überhaupt erstmal zu fragen: Was brauche ich? Ein persönlicher Wendepunkt, der darin gipfelte, dass ich endlich einen Termin bei einem Psychiater machte und mit meiner Chefin offen über meine psychischen Probleme sprach.
Wie waren die Trainerinnen und die Gruppe?
Die Online-Sitzungen wurden von erfahrenen Resilienztrainerinnen geleitet, die selbst Krisen durchlebt hatten. Mariella Hinz und Helma Harbecke-Schulz agierten unglaublich empathisch sowie professionell, einfühlsam, verständnisvoll und sehr herzlich.
Sie teilten ihre eigenen Erfahrungen, was mir half, mich verstanden zu fühlen. Die Gruppe begegnete sich mit Respekt und Offenheit. Wir hörten uns zu, gaben uns Rückhalt und Motivation. Ich hatte endlich das Gefühl, ernst genommen zu werden.
Meine 3 Lieblingsübungen aus dem Kurs
Von Helma und Mariella lernten wir wertvolle Übungen, die uns halfen, unser Mindset zu ändern. Dabei hat mich die Vielfalt der Methoden und das Engagement der beiden so beeindruckt, dass ich es geschafft habe, bis heute drei Dinge in meinen Alltag aufzunehmen:
- Die „Selbstmitgefühlspause“. Hierbei lernst du, in schwierigen Situationen eine 10-minütige Pause einzulegen, um Mitgefühl für dich selbst aufzubringen. Ein sehr inniger Moment, den wir während des Kurses oft gemeinsam geteilt haben.

- Die Übung „Farben fangen“, bei der es darum geht, den Effekt der Achtsamkeit deutlich zu machen. Und so geht’s: Du suchst dir eine Farbe aus, zum Beispiel „Grün“ und schaust dich in deiner Umgebung ganz genau um. Welche Dinge gibt es zu entdecken, die grün sind? Eine großartige Übung für unterwegs, wenn dich das Gedankenkarussell einholt.
- Die 5-4-3-2-1-Methode – eine Achtsamkeitstechnik, die dir hilft, dich zu erden und starke Angstgefühle zu reduzieren. Sie basiert auf der bewussten Wahrnehmung der Umwelt durch die fünf Sinne. Dabei suchst du nach: 5 Dingen, die du siehst; 4 Dingen, die du spürst; 3 Dingen, die du hörst; zwei Dingen, die du riechst und einer Sache, die du schmeckst.
Welche Veränderungen habe ich nach dem Kurs erlebt?
Ganz ehrlich: Es ist kein Zuckerschlecken. Natürlich ist es schwer, sich vor anderen Menschen mit sich selbst auseinander zu setzen. Natürlich sind auch Tränen geflossen. Fakt ist aber auch, dass ich dadurch viele Erkenntnisse hatte, die mich enorm weitergebracht haben. Heute bin ich mutig. Ich stehe für meine eigenen Bedürfnisse ein. Ich setze Grenzen.
Denn – und das ist hoffentlich klar:
Nach Abschluss des Recovery-Kurses RAMSES bist du vor Krisen nicht gefeit. Sie werden uns in unserem Leben immer wieder begleiten. Auch Rückschläge gehören dazu. Entscheidend ist, wie wir mit ihnen umgehen, was wir aus ihnen lernen und dass wir im besten Fall stärker herauskommen, als wir hineingegangen sind.
Ich würde den Recovery-Kurs RAMSES weiterempfehlen!
Mir persönlich hat die Teilnahme geholfen. Allein die Tatsache, in der Krise nicht allein zu sein und einmal in der Woche einen „Anker“ zu haben, hat mich beruhigt. Trotzdem möchte ich betonen, dass der Kurs keine Psychotherapie ersetzen kann. Mein Erfahrungsbericht ist nur ein Beispiel dafür, wie wertvoll die Arbeit von ERNA ist. Ich bin unglaublich dankbar für diese Erfahrung!
Bildquelle:
Titelfoto: eigenes Foto
Übung 5-4-3-2-1: Uni Graz

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