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3 Dinge, die Sie aktiv tun können um Diskriminierung und Stigmatisierung etwas entgegen zu setzen

Diskriminierung und Stigmatisierung von Betroffenen von psychischen Erkrankungen sind leider noch immer Alltag. Sie begegnen uns in Form von Hilflosigkeit, Ignoranz oder auch offener Ablehnung.

Ein Beispiel: Ich sitze bei meinem neuen Finanzberater. Er ist begeistert von meinem Unternehmen und dass ich als Erfahrungsexpertin arbeite. Nach ein paar Minuten lockeren Gesprächs über meine Arbeit und verschiedene andere Themen sagt er:
„Also, ich bewundere das ja: Dass Sie mit solchen Menschen arbeiten, ich könnte das nicht.“ Ich frage:

„Was meinen Sie mit ’solche‘ Menschen? Ich bin doch auch eine ‚Solche‘.“

Noch ein Beispiel? Eine junge Frau mit Depressionen und Ängsten möchte sich gern selbst in ein Krankenhaus einweisen, da sie sich Hilfe dabei wünscht, Ihre Erkrankung zu bewältigen. Sie wird aufgrund ihres positiven Erscheinungsbildes und Allgemeinzustands für eine stationäre Aufnahme abgelehnt. Sie wirke garnicht krank, sagte man ihr seitens der begutachtenden Ärzte.

Es ist noch nicht Schluss: Eine andere junge Frau hatte lange auf der Arbeit gefehlt aufgrund einer psychischen Erkrankung. Sie öffnete sich ihrem Arbeitgeber vor ihrer Rückkehr in den Job und entschied sich, nicht mehr 40 Stunden zu arbeiten, sondern nur noch 30. Leider könne man ihr in diesem Fall aber nicht ihre ursprüngliche verantwortungsvolle Position zurückgeben. Der Arbeitgeber schob es auf die Stundenanzahl, man bräuchte jemanden für 40 Stunden für diese Stelle.

Diskriminierung und Stigmatisierung von Betroffenen hat ganz unterschiedliche Gesichter.

Was ist in diesen Beispielen passiert? Wir Menschen haben Vorstellungen in unseren Köpfen, wie bestimmte Personengruppen sich bspw. verhalten, wirken oder aussehen. Diese Vorstellungen werden aktiviert, sobald wir uns mit einem bestimmten Kontext auseinandersetzen. Doch was genau sind Stereotpye, Vorurteile und Diskriminierung und wie grenzen sie sich voneinander ab?

  • Stereotyp

    Negative Vorstellung über eine Gruppe
    – z. B. Gefährlichkeit, Inkompetenz, Charakterschwäche

  • Vorurteil

    Zustimmung zum Stereotyp und/oder negative emotionale Reaktion
    – z. B. Wut, Angst etc.

  • Diskriminierung

    Verhaltensreaktion auf ein Vorurteil
    – z. B. Vorenthaltung von Arbeits- und Wohnmöglichkeiten; Verweigern von Hilfe

    (Quelle: Corrigan, P.W., Watson, A.C.: Understanding the Impact of Stigma on People with Mental Illness. In: World Psychiatry 1, S. 16-20 2002)

Was können Sie konkret tun, um ihre eigenen Vorurteile und Stigmata zu entdecken und Diskriminierung von Betroffenen zu verhindern?

1. Bilden Sie sich weiter zum Thema psychische Erkrankungen.

Warten Sie nicht, bis sie selbst ins Fettnäpfchen treten. Informieren Sie sich über mögliche Symptome von psychischen Erkrankungen, suchen Sie Kontakt zu Betroffenen, stellen Sie Fragen statt Vorannahmen zu treffen. Gehen Sie im Kampf für eine tolerante Gesellschaft mit gutem Beispiel voran.

2. Machen Sie sich bewusst, dass psychische Erkrankungen jeden treffen können – auch Sie.

Psychische Erkrankungen sind nicht immer angeboren und auch nicht immer steckt dahinter eine schwierige Lebensgeschichte. In unserer Leistungsgesellschaft sind immer mehr Menschen betroffen durch Stress, Überforderung, Naturereignisse, Gewalterfahrung oder ein Gefühl des Alleinseins.
Üben Sie sich in einem Gefühl von gemeinsamem Menschsein. Bleiben Sie neugierig und offen für andere Menschen ohne über sie zu urteilen.

3. Hören Sie zu und schreiten Sie ein, wenn Sie mitbekommen, dass ein_e Betroffene_r benachteiligt wird.

Sensibilisieren Sie sich für Diskriminierung und Stigmatisierung von Betroffenen im Alltag. Gerade weil die alltäglichen Diskriminierungen oft übergangen werden, ist es so wichtig, auf sie aufmerksam zu machen und ihnen aktiv entgegenzutreten.

Es ist in Ordnung, sich hilflos zu fühlen.

In unserer Gesellschaft gilt es als stark, die Situation im Griff zu haben – ja, sich selbst im Griff zu haben. Inklusive aller Gefühle. Ich halte das für eine gefährliche Entwicklung, die m.E. auch dazu beiträgt, dass gerade Menschen mit psychischen Problemen sich verstecken und nicht wagen, sich damit zu zeigen. Wenn die Situation dann – für Außenstehende oft aus heiterem Himmel – eskaliert, fühlen sich viele hilflos.

Und für beide Seiten gilt: Es ist in Ordnung, hilflos zu sein und es ist stark, das zugeben zu können. Es ist sehr viel hilfreicher als kopfloser Aktionismus um das „Problem“ möglichst schnell zu beseitigen, oder pure Ignoranz der Situation.

Akzeptanz der aktuellen Situation ist der erste Schritt zu Veränderung.

Und für die Betroffenen in einer solchen Situation:

Für die Beispiele oben wäre es z.B. eine Möglichkeit, die Personen direkt in der Situation darauf anzusprechen, was sie denn für Vorstellungen, wie ein_e Betroffene_r ist oder sich verhält.
Was, denken Sie, ist so schwer an der Arbeit mit Betroffenen? Wie, denken Sie, sieht eine Person aus, die Depressionen und Ängste hat, die Sie stationär aufnehmen würden? Denken Sie, dass die junge Frau der Verantwortung der alten Stelle nicht mehr gewachsen ist, weil Sie offen über Ihre Erkrankungen gesprochen hat? Was wäre anders, wenn sie es garnicht erwähnt hätte?

Im besten Fall entwickelt sich daraus ein offenes, konstruktives Gespräch – und die beste Grundlage, um mit Vorurteilen aufzuräumen.